Glück und Segen

Morgenandacht
Glück und Segen
23.03.2019 - 06:35
14.02.2019
Autor des Textes: Jost Mazuch
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Da stehen sie vor meiner Tür, die Geburtstagsgäste. Die kleine Spieluhr stimmt die Melodie an. Sie singen: Viel Glück und viel Segen auf all deinen Wegen. Und weiter: Gesundheit und Frohsinn – singen die einen; die anderen: Gesundheit und Freude, und die dritten: Gesundheit und Wohlstand – sei auch mit dabei. Großes Gelächter über das Kuddelmuddel, ich frage die Gratulanten: Ja, was wünscht ihr mir denn nun? Na, Gesundheit auf jeden Fall – und am besten alles andere auch: Frohsinn, Freude, Wohlstand – das kann man doch alles gebrauchen.

Am Geburtstag wünscht man mir oft Glück. Ich habe noch länger darüber nachgedacht. Was heißt das denn für mich: Glück? – und Segen? Ist Glück ein Gefühl? oder ein Zustand? Ich fragte dann andere Menschen: Was ist das größte Glück, an das ihr euch erinnert?

Eine Frau erzählte ein Ereignis ihrer Kindheit: Sie war von einem Baum gefallen, aus ihrer kindlichen Perspektive unendlich tief, und ganz knapp an einem spitzen eisernen Zaun vorbei. Sie blieb unverletzt, und den Schmerz vergaß sie schnell über das große Glück ihrer Eltern, die sie herzten und küssten und überglücklich waren, weil ihr nichts passiert war. Da, so sagte sie jetzt, achtzig Jahre später, da war ich auch nur glücklich. Jemand anders berichtete, dass er vor Glück weinte, als er nach dem Krieg endlich wieder aus der Evakuierung nach Köln zurückkam – glücklich, obwohl hier alles in Trümmern lag. Und eine Frau sagte, und ihre Augen leuchteten: Mein größtes Glück war, als die Hebamme mir mein neugeborenes Kind in den Arm legte, und der Kleine mich anguckte. Das habe ich nie vergessen!

Glück gibt es wohl nur als Momentaufnahme, nicht als Dauerzustand. Oft erlebt man es gerade im Kontrast zum Unglück, zu Gefahr oder Angst. Es können ganz einfache Dinge sein, die glücklich machen. Nach längerer Krankheit wieder gesund zu werden, zum Beispiel. Aber warum fällt es so schwer, im Alltag die eigene Gesundheit als Glück zu erleben?

Manchmal sagt jemand: Es ist ein Segen, gesund zu sein. Es ist ein Segen, Kinder zu haben. Was für ein Segen, dass wir immer genug zu essen haben! Und mit dem Wort „Segen“ bekommen die scheinbar so selbstverständlichen Dinge des Lebens einen anderen Glanz. Wenn wir von Segen sprechen, sehen wir das ganze Leben als Geschenk Gottes. Segen ist Gottes Kraft für jeden Tag. Segen ist die Schönheit der Schöpfung, sind die Rhythmen des Lebens. Frühling, Sommer, Herbst und Winter; der Flug der Kraniche. Das Lachen der Kinder. Die Erinnerungen der Alten. Segen ist das Glück, das ich erlebe; aber auch mitten im Unglück wirkt Gottes Segen. Als Trost, als Heilung, im Beistand anderer Menschen. Ich werde bewahrt. Ich finde Halt.

Der Segen Gottes ist immer da. Doch dass ich gesegnet bin, kann ich nicht an jedem Tag gleichermaßen glauben. Ich brauche dazu immer wieder die anderen Menschen, die mir Segen zusprechen und zusingen, nicht nur am Geburtstag, auch im Gottesdienst oder mitten im Alltag.  Genauso kann auch ich ein Segen sein für andere; in kleinen wachen Augenblicken der Begegnung, manchmal ohne es zu merken.

Und manchmal gibt es diese seltenen, klaren Momente des Glücks, die für immer im Gedächtnis bleiben. Gesegnete Augenblicke. Der Dichter Hermann Hesse hat sie so beschrieben: „Mitlachen im ewigen Lachen Gottes – das ist unsere Teilhabe am Glück.“ (Über das Glück. 1949) Viel Glück also, und Segen! Wir sollten uns das öfter wünschen.

 

Es gilt das gesprochene Wort.

14.02.2019
Autor des Textes: Jost Mazuch